**Die Geschichte des alten Mannes und seines Enkelkindes**
Es war ein verträumter Sommer, als die Geschichte des alten Mannes und seines Enkelkindes erzählt wurde. Sie saßen draußen vor dem Haus auf einer Terrassenbank und ließen sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Der alte Mann sagte: „Die Sonne gab es auch schon zu meinen jungen Zeiten, als ich genauso alt war, wie du heute bist. Sie war schon auf ihrem Weg am Himmel, als die Weltreisen der Menschen begannen und das Leben in all seinen Facetten in die Gestaltungen des Lebens hineingebracht wurde. Sie hat die verschiedensten Kontinente mit ihrer besonderen Kraft angestrahlt.“
Das Enkelkind hörte immer wieder gerne den Geschichten zu, die der Großvater erzählte. „Nun, liebes Enkelkind, hol mir mal das Fernglas. Ich möchte dir gerne etwas zeigen“, sagte der alte Mann. Der Junge lief los und brachte das Fernglas. „Setz dich zu mir. Ich werde dir etwas zeigen. Schau mal durch das Fernglas. Siehst du das Nest einer Singdrossel? Sie hat schon mehrere Junge in diesem Sommer aufgezogen. Sie sind, wie du, neu ins Leben gekommen, aber sie hat schon ein paar Jahre mehr auf ihrem Rücken, genauso wie ich.“
„Und dadurch hat sie auch die verschiedensten Erkenntnisse des Lebens gewonnen, die du bis jetzt vielleicht noch nicht empfindest oder vor deinem geistigen Auge erkennen kannst, weil deine Lebenszeit erst begonnen hat. Meine Zeit hingegen geht langsam dem Ende zu. So entfaltet sich die besondere Zeit vor uns immer wieder auf unterschiedliche Weise. Und doch leben wir alle durch die gleiche Zeit, die uns vom Leben geschenkt wurde und uns entlang der Zeit auf verschiedenste Weisen begleitet.“
„Manches nehmen wir nur noch aus der Ferne wahr. Schau mal in diese Richtung. Kannst du noch den Baum erkennen, in dem die Singdrosseln genistet haben? So verschwimmen die alltäglichen Situationen unserer Ahnen in den Schatten der Zeit, die mit dem Leben vergangen sind, und errichten ein neues Bild. Die neuen Generationen erwachen in dieser Zeit, und nur durch Überlieferungen bleibt der Geist und das besondere Dasein unserer Vorfahren erhalten. Ihre Bräuche, Sprachen und die Umstände ihres Lebens tragen diese Geschichten aus der Ferne in die Gegenwart, während das junge Leben gerade erst erblüht.“
„Doch manches befindet sich so fern, dass man es kaum noch in den eigenen Situationen des Lebens richtig einordnen oder begreifen kann – wie die damalige Zeit und die heutige Zeit, die sich auf ihrem Weg durch das Leben machen. Die neue Zeit greift nach der Jugend und lässt sie auf den Spuren der Zukunft wandeln, ohne die Vergangenheit in vollem Umfang zu erkennen.“
„Auch du lebst vor allem in der heutigen Zeit deines Lebens und siehst nur Bruchstücke dessen, was dich umgibt. Doch eines Tages wirst du durch dieses Fernglas blicken und dich vielleicht an meine Worte erinnern. Vielleicht, wenn du eines Tages eigene Kinder hast, werden sie durch dieses Fernglas eine ganz andere Sicht auf das Leben gewinnen und ihre eigenen Erfahrungen damit verbinden. So viel liegt in den verschiedensten Bereichen, die wir uns gar nicht vorstellen können, weil dieses Fernglas – genauso wie das Leben – die verschiedensten Perspektiven der Nähe oder Ferne widerspiegelt.“
„In diesen Momenten erkenne ich meine Jugend wieder, während du deine Jugend in der heutigen Zeit erlebst. Doch die Anfänge, die das Leben einst geprägt haben, bleiben uns heute oft verschleiert. Das junge Leben wird jedoch immer wieder neu geboren, während das alte Leben langsam verschwindet.“
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**Das Fernglas**
Das Fernglas,
das uns die Nähe,
aber auch die Ferne
mancher Umstände
des Lebens zeigt,
fällt im Besonderen
auf die Betrachtung
der Gestaltungen der Zeit,
in denen die Spuren
der heutigen Zeit
oder der Vergangenheit,
die wir nicht mehr erkennen können,
sich natürlich nicht
durch das Fernglas widerspiegeln.
Doch eine Spur der Überlieferungen
bleibt darin bestehen.
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**Das neue und das alte Leben**
Das neue und das
alte Leben,
und das Fernglas,
wodurch Worte hinter
Überlieferungen
den Augenblick
erklären können,
durch die Geschichten,
die uns manchmal
ältere Menschen
über die damalige Zeit
erzählen,
bringen uns trotz
der Vergessenheit
in die jungen Jahre
des Lebens zurück.
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**Was das Fernglas nicht zeigt**
Doch vieles
kann man auch
mit dem Fernglas
nicht mehr erkennen,
weil die Spuren
viel zu weit
zurück auf dem Weg
dieses Lebens liegen.
Die Gestaltungsformen
des damaligen Lebens
sind nur noch
verschwommen wahrzunehmen.
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**Der alte Mann und der Enkel**
Der alte Mann und
sein Enkelsohn
gehen durch die gemeinsame Zeit,
doch nicht
durch das gemeinsame Leben,
denn sie betreten
andere Augenblicke.
Der eine zu späterer Zeit,
der andere noch bevor
das Leben des einen begann.
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**Das verbindende Fernglas**
Doch das Fernglas
wird sie verbinden,
weil das, was in der Ferne Leben ist,
durch das Fernglas
wieder ein wenig mehr
in den Gestalt
der Formen zu sehen ist.
Man richtet das Fernglas
in die frühere Zeit des Lebens,
um Überlieferungen
der Nachwelt zu erhalten.
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**Der Enkelsohn**
Der Enkelsohn,
der ins Leben hineinkam,
begreift, dass auch
vor seiner Zeit
das Leben schon
die Jugend seines Großvaters
geprägt hat.
Auch er war einmal so klein
und wuchs mit der Zeit
in seine eigene Lebenszeit hinein.
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**Die Grenzen des Fernglases**
Doch wie weit begleitet
uns dieses Fernglas
in die Vergangenheit,
bis seine Sicht
nicht mehr ausreicht
und die Zeitspannen
zu groß werden?
Dann ermöglichen nur noch
Überlieferungen der besonderen Art,
daran teilzuhaben.
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**Die Neugeborenen**
Schon bei den
verschiedenen Neugeborenen
ist die Zeit anders,
als sie sich durch das Fernglas
der Vergangenheit
auf dem Weg offenbart hat.
Durch dieses Fernglas
erscheinen die Erinnerungen
wieder vor dem eigenen Auge.
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**Der Großvater erzählt**
Der Großvater erzählt
die verschiedensten Geschichten
aus früheren Zeiten
und nimmt seinen Enkel
durch das Fernglas
seiner früheren Betrachtungen
mit in die heutige Zeit
des Lebens.
Der Enkel beginnt gerade,
in seine eigene Zukunft
des Lebens zu starten.
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**Enkel und Großvater**
Der Enkel und der Großvater
haben viel,
was sie sich gegenseitig
austauschen können.
Der Enkel
mit seinen kleinen Jahren
hat auch besondere Träume.
Manchmal erzählt er
seinem Großvater davon,
wie er eines Tages
von oben die Welt
aus einem Flugzeug betrachten will.
Er träumt davon,
Pilot zu werden.
Auch der Großvater
musste in den damaligen
kriegerischen Zeiten
ein Flugzeug steuern.
Nach dem Krieg
half er vielen Menschen,
am Leben zu bleiben.
Es waren die Rosinenbomber,
die Nahrung und anderes brachten,
um die Menschen
in dieser schweren Zeit
zu unterstützen.
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